Die besten Tipps für natürliche Portraits

So fühlen sich deine Kund*innen vor der Kamera wohl

Ich bin Madita, Portraitfotografin, introvertiert und hochsensibel. Früher dachte ich, diese Eigenschaften wären ein Hindernis in meinem Beruf. Doch heute weiß ich: Sie sind meine größte Stärke. Sie helfen mir, einfühlsame Portraits zu schaffen, die echte Emotionen zeigen. In diesem Artikel zeige ich dir, wie du als Fotograf*in eine echte Verbindung zu deinen Modellen aufbaust – für natürliche, authentische Bilder, die berühren.

Die richtige Vorbereitung: Kenne dein Modell

Authentische Portraits entstehen nicht zufällig – sie sind das Ergebnis einer bewussten Vorbereitung und einer guten Verbindung zwischen Fotograf*in und Modell. Je besser du dein Modell kennst, desto leichter fällt es dir, es ins richtige Licht zu rücken. Menschen entspannen sich schneller, wenn sie merken, dass du dich wirklich für sie interessierst und ihre Persönlichkeit verstehst.

Was du tun kannst:

  • Ein Kennenlerngespräch führen: Frage nach Hobbys, Musikgeschmack oder besonderen Interessen. Gibt es einen bestimmten Ort, an dem sich dein Modell besonders wohlfühlt?

  • Lieblingsbilder zeigen lassen: So bekommst du ein Gefühl dafür, welche Posen und Stimmungen ihr oder ihm gefallen.

  • Den richtigen Ort wählen: Orte, an denen dein Modell positive Erinnerungen hat, helfen ihm, sich wohler zu fühlen.

  • Kleidungstipps geben: Farben und Schnitte können die Wirkung des Bildes beeinflussen. Neutrale Farben oder leichte Pastelltöne sind oft eine gute Wahl, weil sie nicht zu dominant wirken. Es sei denn natürlich, du hast eine „knallige“ Person, die du ablichten möchtest. Dann sind frohe Farben selbstverständlich die richtige Wahl. Wichtig ist, dass dein Modell sich in der Kleidung wohl fühlt.

Portraitfoto_Der-Goldene-Schnitt

Beispiel

Du hast eine Kundin, die sich selbst als „unfotogen“ bezeichnet und nie mit Bildern von sich zufrieden ist. Anstatt direkt mit dem Shooting zu starten, frage sie, welche Fotos von sich sie am liebsten mag. Sie zeigt dir ein spontanes Handyfoto aus dem Urlaub in Schweden, auf dem sie lachend in der Natur zu sehen ist.

Das ist der Schlüssel! Ihr entschiedet euch für ein Shooting im Wald, um eine ähnliche Atmosphäre zu schaffen – entspannt, ungezwungen, voller natürlicher Momente. Und siehe da: Das Ergebnis ist ein wunderschönes, authentisches Portrait, mit dem sie sich zum ersten Mal wirklich identifizieren kann.

Vertrauen aufbauen: So schaffst du eine entspannte Atmosphäre

Menschen stehen selten täglich vor einer Kamera. Die meisten fühlen sich unwohl oder unsicher. Mir selbst geht es da übrigens nicht anders. Auch ich lasse mich schnell verunsichern, wenn eine Kamera auf mich gerichtet ist. Ich kann meine Kund*innen in diesem Punkt also voll und ganz verstehen.

Es ist deine Aufgabe als Fotograf*in, deinen Modellen die Nervosität zu nehmen und eine angenehme Atmosphäre zu schaffen.

Tipps für den Vertrauensaufbau:

  • Sei authentisch und nahbar: Erzähl auch von deinen eigenen Unsicherheiten, das nimmt deinem Modell hoffentlich etwas die Angst.

  • Erkläre, was du tust: „Ich stelle dich jetzt ein bisschen seitlich, weil das Licht von hier besonders weich ist.“ Das hilft deinem Modell, sich in die Situation einzufinden. Es soll nicht denken, dass du beispielsweise seine andere Seite unfotogen findest oder ähnliches. Kommuniziere ganz offen, was du tust und warum.

  • Plane genug Zeit ein: Wenn dein Modell sich unter Zeitdruck fühlt, wird es schwieriger, lockere und echte Momente einzufangen. Lasst euch Zeit, das entspannt nicht nur dein Modell, sondern gibt auch dir mehr Sicherheit, das am Ende des Tages zahlreiche schöne Fotos dabei sind.

  • Nutze Smalltalk gezielt: Stell Fragen, die dein Modell nicht überfordern, sondern ein lockeres Gespräch ermöglichen. Ich bin selbst keine Meisterin im Small Talk, aber ab und zu hilft ein kleines Gespräch, um die Stimmung aufzulockern. Wenn du aber merkst, dass dein Modell von Small Talk überfordert ist, dann lass es lieber, um sie oder ihn nicht zu verunsichern.

  • Biete eine entspannte Umgebung: Ruhige Musik oder ein Tee vor dem Shooting helfen, die Stimmung aufzulockern.

Entspanntes Portraitfoto

Beispiel

Du hast ein Shooting mit einer Kundin, die extrem nervös ist. Du merkst sofort, dass sie sich vor der Kamera unwohl fühlt. Anstatt sie direkt in Posen zu drängen, bitte sie, dir einfach von ihrem Lieblingstier zu erzählen.

Das Gespräch lenkt sie ab – sie fängt an zu lächeln und erzählt dir begeistert von ihren zwei Katzen, die ihr ein und alles sind. Während sie spricht, entspannt sie sich merklich. Und dann geschieht es: Ganz spontan nimmt sie eine natürliche Pose ein, die du im perfekten Moment festhältst.

Das Ergebnis? Ihr absolutes Lieblingsbild.

Emotionen einfangen: Die Kunst der nonverbalen Kommunikation

Authentische Bilder leben von echten Emotionen. Doch nicht jeder kann auf Knopfdruck lachen oder ernst schauen. Hier kannst du mit nonverbaler Kommunikation und kleinen Tricks nachhelfen.

Methoden, um echte Emotionen hervorzurufen:

  • Stelle emotionale Fragen: „Was bringt dich immer zum Lachen?“ oder „Denk an den schönsten Moment deines letzten Urlaubs.“

  • Nutze Bewegung: Lass dein Modell gehen, sich drehen oder sich mit den Händen beschäftigen. Kleine Bewegungen machen einen großen Unterschied.

  • Vertraue auf Mimik und Gestik: Lass dein Modell aus einem echten Moment heraus reagieren, statt eine künstliche Pose einzunehmen.

  • Nutze Spiegeltechniken: Wenn du lächelst, lächelt dein Modell oft automatisch zurück. 🙂

Beispiel

Bei einem Paarshooting willst du innige, emotionale Bilder. Statt einfach zu sagen „Schaut euch verliebt an“, bittest du das Paar, sich an den Moment zu erinnern, in dem sie wussten, dass sie sich lieben. Plötzlich kommen ehrliche Blicke, ein echtes Lächeln – und genau das fängst du mit der Kamera ein.

Solche Momente sind viel kostbarer als irgendwelche gestellten Emotionen oder Posen. Wir wollen authentische Bilder, nichts gestelltes, mit echten Gefühlen. Versuche als Fotograf*in, diese aus deinen Modellen herauszukitzeln, um zu ihrer Seele und ihrem wahren authentischen Selbst vorzudringen.

Der richtige Umgang mit Schüchternheit und Unsicherheit

Manche Menschen sind extrem unsicher vor der Kamera. Das kann sich in steifen Bewegungen oder nervösem Lachen äußern. Deine Aufgabe ist es, die Unsicherheit in Selbstbewusstsein zu verwandeln.

Was hilft bei schüchternen Modellen?

  • Keine überfordernden Anweisungen: Starre Posen wirken unnatürlich. Besser sind sanfte Hinweise wie „Lehn dich leicht nach vorne, als würdest du jemandem ein Geheimnis erzählen.“

  • Zeig Beispiele: Viele Menschen können sich unter einer Anweisung nichts vorstellen. Wenn du die Pose selbst machst, verstehen sie sie besser.

  • Nutze Pausen gezielt: Manchmal hilft es, einfach für eine Minute nicht zu fotografieren, damit sich das Modell entspannen kann.

Beispiel

Du hast einen Kunden, der nicht nur schüchtern ist, nein er war geradezu unsicher. Er schaut verkrampft, knetet seine Hände … Trotzdem willst du natürlich schöne Bilder von ihm machen, auf denen er nicht zu verkrampft aussieht.

Du bittest ihn, einen tiefen Atemzug zu nehmen und sich vorzustellen, dass er einen schönen Spaziergang macht. Dazu machst du Musik von Waldgeräuschen an. Er entspannt sich – und genau in diesem Moment drückst du ab.

Natürliches Posing: Die Balance zwischen Anleitung und Freiheit

Posing bedeutet nicht, dass jede Bewegung kontrolliert werden muss. Vielmehr geht es darum, deinem Modell eine Richtung zu geben, in der es sich frei bewegen kann.

Tipps für natürliche Posen:

  • Gib Aufgaben statt Posen: „Geh langsam auf mich zu und atme tief ein.“

  • Nutze Gewohnheiten: Viele Menschen spielen mit ihren Haaren oder verschränken die Arme. Diese Gesten wirken oft natürlicher als gestellte Posen. Du fotografierst schließlich auch Menschen und keine Schaufensterpuppen. Lerne, in ihnen zu lesen und ihre Körpersprache richtig einzufangen.

  • Nutze Requisiten: Eine Tasse Kaffee oder ein Hut können helfen, die Hände zu beschäftigen. Ich selbst bin eine richtige Leseratte. Deshalb habe ich auf Selbstportraits oft ein Buch in der Hand.

Beispiel

Du bittest ein Model, sich vorzustellen, dass ein guter Freund gleich um die Ecke kommt. In dem Moment verändert sich ihr Blick sofort – ihre Augen strahlen, ihr Gesicht entspannt sich, und ein echtes, authentisches Lächeln erscheint.

Tipp: Emotionen entstehen im Kopf. Kleine Gedankenexperimente helfen, natürliche Reaktionen hervorzurufen – und genau diese spontanen, ungestellten Momente machen ein Portrait besonders.

Lachen Portraitfotografie

Die Magie der Nachbearbeitung: Authentizität bewahren

Nach dem Shooting folgt die Bearbeitung – aber weniger ist oft mehr.

Grundregeln für natürliche Bearbeitung:

  • Hautretusche behutsam nutzen: Leichte Unreinheiten kannst du gerne entfernen, darüber werden sich die meisten Modelle freuen, aber Sommersprossen und natürliche Merkmale sollten auf jeden Fall erhalten bleiben. Auch bei Narben solltest du nicht zu schnell retuschieren. Frage dein Modell, wenn du unsicher bist, wie sie es am liebsten haben wollen. Nicht, dass du versehentlich jemandem auf die Füße trittst.

  • Farbanpassung mit Bedacht: Warme, natürliche Töne wirken meist harmonischer. Aber wie bei der Kleidung kommt es auch hier natürlich auf das Modell drauf an.

  • Nicht überbearbeiten: Zu viel Weichzeichnung lässt ein Bild künstlich wirken. Setze hingegen auf einen natürlichen, authentischen Look.

Beispiel

Eine Kundin bittet dich, ihre Sommersprossen nicht zu retuschieren – sie will, dass ihr Bild authentisch bleibt.

Konzentriere dich darauf, die Einzigartigkeit eines Menschen zu betonen, statt sie zu verstecken. Jede Hautstruktur, jede Falte, jedes Detail erzählt eine Geschichte – und genau das macht ein Portrait lebendig.

Tipp: Weniger Retusche, mehr Echtheit. Dein Modell soll sich auf dem Foto wiedererkennen – mit all den kleinen Besonderheiten, die es einzigartig machen.

Fazit: Authentizität beginnt mit Empathie

Als introvertierte und hochsensible Fotografin habe ich eine besondere Gabe – eine Fähigkeit, die auch du dir aneignen kannst, wenn du mit genug Feingefühl an die Sache herangehst: Empathie.

Du kannst dich in Menschen einfühlen und ihre wahre Persönlichkeit einfangen. Nutze deine Sensibilität, um eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, Emotionen sichtbar zu machen und dein Modell sanft zu leiten.

Die besten Portraits entstehen nicht allein durch technisches Können – sondern durch dein Gespür für den Menschen vor deiner Kamera.

Falls du dich mehr mit dem Thema auseinandersetzen möchtest, empfehle ich dir meinen Blogartikel „12 einfach Tipps für natürliche Portraitfotos„.

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